Bericht HNA  04.04.05

Ein Tau in alter Eiche

Von Ekkehard Maaß

Bühren. Ein Tauband in Eiche und das auf einer Länge von über sieben Metern. 14 Stunden schnitzt Stefan Apmann an der Verzierung des Balkens. Er wird künftig den Giebel des Fachwerkhauses in der Ziegelstraße 56 in der Mündener Altstadt zieren.

Vorbild ist der Originalbalken aus dem 15 Jahrhundert. Er war zu verfault, um restauriert werden zu können. Also musste Ersatz her, den Apmann jetzt originalgetreu verziert. "Eine ungewöhnliche und seltene Arbeit", so der 28-jährige Zimmermeister und Restaurator aus Bühren. Meist seien wenigstens Teile der historischen Hölzer noch verwendbar, und die Schnitzereien müssten nur ergänzt werden. Einen kompletten Balken habe er vorher nur ein Mal verziert.

Neu ist der Ersatzbalken allerdings auch nicht. "Eiche muss gut durchgetrocknet sein." Er stammt aus einem Fachwerkhaus in Frankreich und ist 300 Jahre alt. "In Deutschland sind alte Eichenbalken nur schwer zu bekommen", erläutert Apmann. Nur selten würden so alte Häuser hierzulande noch abgerissen.

Alt sind auch die Werkzeuge, die Apmann für die Schnitzarbeit benutzt. "Ganz wie früher." Einen der beiden Profilhobel, mit denen er die Konturen des Taumusters aus dem Holz herausarbeitet, hat er auf dem Flohmarkt erstanden, der andere ist ein Erbstück seines Urgroßvaters. "Solche Werkzeuge sind neu nicht mehr zu bekommen", sagt er.

Nach der Grobarbeit setzt er das Stemmeisen an und arbeitet die Rundungen nach. Eine Arbeit, für die besonderes handwerkliches Geschick nötig ist. "Verschnitt kann man sich nicht leisten. Was einmal abgeschlagen ist, ist weg."

Das Tauband als Fachwerkverzierung sei in Hann. Münden häufig zu finden. Er vermutet, dass es etwas mit der Lage der Stadt an den drei Flüssen zu tun hat. Das Tau sei ein wichtiges Werkzeug in Häfen und auf Schiffen. Als Verzierung am Haus sollte es möglicherweise darauf hinweisen, dass hier jemand wohnt, der beruflich etwas mit Wasser und Schiffen zu tun hat.

Apmann ist Angestellter der Bührener Holzbaufirma Meyer & Surup, die sich auf die Sanierung von Altbauten spezialisiert hat. "Wir übernehmen aber auch ganz normale Zimmerarbeiten", sagt Firmenmitinhaber Sebastian Meyer.

Vor fünf Jahren hat der 28-jährige Zimmermeister und Restaurator die Firma zusammen mit Harald Surup, Bautechniker und ebenfalls Zimmermeister, gegründet. Heute hat der kleine Betrieb vier Angestellte.

Die Schnitzarbeit ist Teil eines Gesamtauftrages für die Stadt Hann. Münden. Meyer & Surup bauen den Dachstuhl für das Haus in der Ziegestraße 56 auf, in dem die Stadt einen Bürgertreff einrichten will. Der Balken mit der Taubandverzierung ist Teil des Giebels, der von der Siebenturmstraße aus zu sehen ist. "Das Schmuckstück des Hauses", sagt Apmann.

03.04.2005