Bürgernetz für schnellen Internetzugang
Telekom lässt kleine Gemeinde hängen / Bührener helfen sich selbst /
Antenne auf Kirchturm
Auch nach jahrelanger Diskussion und Beteuerungen seitens der Politik
ist schnelles Internet noch lange nicht in jedem Ort des Landkreises
verfügbar. In Bühren haben die Einwohner aus der Not eine Tugend gemacht
und sich selbst um die schnelle Anbindung an das weltweite Computernetz
bemüht. Mit wachsendem Erfolg.
Bühren (fra). Schon vor zehn Jahren habe er sich bei der Telekom um
einen Breitbandanschluss für seinen Wohnort bemüht, berichtet Jan Goeman,
doch vergeblich. Vor etwa vier Jahren habe sich dann herausgestellt, dass
der Konzern DSL mit voller Geschwindigkeit in Bühren nicht wird anbieten
können: die Kosten dafür seien zu hoch, denn es gebe zu wenig Abnehmer in
dem 500-Einwohner-Dorf. Grund dafür seien die schlechten Leitungen, die
nach Bühren führten. Daher würde eine Zwischenstation benötigt – obwohl
der Ort nur acht Kilometer von Dransfeld entfernt liege.
Im Juli 2006 habe er dann den letzten Versuch gestartet, eine Anbindung
über die Telekom zu bekommen. Irgendwann sei ihm dann klar geworden, dass
sich nichts ändern werde, wenn er nicht selbst tätig werde. Zupass kam ihm
dabei, dass es im nahen Scheden eine sehr schnelle Netzanbindung gebe,
berichtet Goeman. Die Lösung dort heißt Richtfunkverbindung.
Mit dem Fernglas fuhr der Bührener die Umgebung ab und suchte einen guten
Anknüpfungspunkt, den er alsbald im Turm der Ortskirche fand. Von dort
besteht jetzt eine Funkverbindung zu der Sendestation, die sich auf dem
Dach einer Schedener Fabrikhalle befindet und über zwei Leitungen mit dem
Internet verbunden ist. Vom Kirchturm aus besteht noch einmal eine
Verbindung zu einer Verteilerstation im Sporthaus, so dass es zwei
Zugangspunkte im Ort gebe.
Alles was zur Internet-Nutzung dann noch notwendig sei, so Goeman, sei
eine Sichtverbindung zu den beiden Verteilern, ein kleiner Außen-Empfänger
sowie ein Router, der mit einer speziellen Software versehen werde. Alles
in allem eine Investition von 99 Euro. Auch die Anschlussarbeiten seien
von Laien zu bewerkstelligen. Die technische Realisation habe eine Firma
aus Hessen übernommen.
Bringen die Bührener schneller ins Netz:
Marten Jünemann und Jan Goeman (r.) vor dem Bührener Kirchturm. FRA
Genügend Interessenten
Nach zwei Anläufen und Versammlungen im Vereinshaus seien dann auch
rasch genügend Interessenten gefunden worden, ergänzt Marten Jünemann, der
sich ebenso für das Bürgernetz engagiert. Kleinen Orten könne er nur
empfehlen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und nicht lange auf
Hilfe von außen zu warten. Hatte die Telekom noch 250 Abnehmer gefordert
(das entspricht ungefähr der Anzahl aller Haushalte in Bühren), konnte das
Bürgernetz mit nur einem Zehntel der Interessenten gestartet werden.
Mittlerweile gibt es knapp 70 Abnehmer.
Mit rund 30 Euro seien die monatlichen Kosten zudem auf normalem Niveau,
sagen Goeman und Jünemann. Nach kleineren Problemen zu Beginn laufe das
Netz nun schnell (2000 Kilobit pro Sekunde), zuverlässig und sicher.
Im Nachhinein bedauere er, seine Zeit mit der Telekom verschwendet zu
haben, sagt Goeman. Wer auf dem Land wohne, komme ja schnell ins
Hintertreffen gegenüber Gegenden mit schneller Anbindung. Seit es das
Bürgernetz gebe, könnten seine beiden Kinder auch nach der Schule Kontakt
mit ihren Mitschülern halten, chatten und Internet-Telefonie nutzen.
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