Bericht GT 31.12.2007

Bürgernetz für schnellen Internetzugang
 

Telekom lässt kleine Gemeinde hängen / Bührener helfen sich selbst / Antenne auf Kirchturm

Auch nach jahrelanger Diskussion und Beteuerungen seitens der Politik ist schnelles Internet noch lange nicht in jedem Ort des Landkreises verfügbar. In Bühren haben die Einwohner aus der Not eine Tugend gemacht und sich selbst um die schnelle Anbindung an das weltweite Computernetz bemüht. Mit wachsendem Erfolg.
 

Bühren (fra). Schon vor zehn Jahren habe er sich bei der Telekom um einen Breitbandanschluss für seinen Wohnort bemüht, berichtet Jan Goeman, doch vergeblich. Vor etwa vier Jahren habe sich dann herausgestellt, dass der Konzern DSL mit voller Geschwindigkeit in Bühren nicht wird anbieten können: die Kosten dafür seien zu hoch, denn es gebe zu wenig Abnehmer in dem 500-Einwohner-Dorf. Grund dafür seien die schlechten Leitungen, die nach Bühren führten. Daher würde eine Zwischenstation benötigt – obwohl der Ort nur acht Kilometer von Dransfeld entfernt liege.
Im Juli 2006 habe er dann den letzten Versuch gestartet, eine Anbindung über die Telekom zu bekommen. Irgendwann sei ihm dann klar geworden, dass sich nichts ändern werde, wenn er nicht selbst tätig werde. Zupass kam ihm dabei, dass es im nahen Scheden eine sehr schnelle Netzanbindung gebe, berichtet Goeman. Die Lösung dort heißt Richtfunkverbindung.
Mit dem Fernglas fuhr der Bührener die Umgebung ab und suchte einen guten Anknüpfungspunkt, den er alsbald im Turm der Ortskirche fand. Von dort besteht jetzt eine Funkverbindung zu der Sendestation, die sich auf dem Dach einer Schedener Fabrikhalle befindet und über zwei Leitungen mit dem Internet verbunden ist. Vom Kirchturm aus besteht noch einmal eine Verbindung zu einer Verteilerstation im Sporthaus, so dass es zwei Zugangspunkte im Ort gebe.
Alles was zur Internet-Nutzung dann noch notwendig sei, so Goeman, sei eine Sichtverbindung zu den beiden Verteilern, ein kleiner Außen-Empfänger sowie ein Router, der mit einer speziellen Software versehen werde. Alles in allem eine Investition von 99 Euro. Auch die Anschlussarbeiten seien von Laien zu bewerkstelligen. Die technische Realisation habe eine Firma aus Hessen übernommen.
 

Bringen die Bührener schneller ins Netz: Marten Jünemann und Jan Goeman (r.) vor dem Bührener Kirchturm. FRA

 

Genügend Interessenten
 

Nach zwei Anläufen und Versammlungen im Vereinshaus seien dann auch rasch genügend Interessenten gefunden worden, ergänzt Marten Jünemann, der sich ebenso für das Bürgernetz engagiert. Kleinen Orten könne er nur empfehlen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und nicht lange auf Hilfe von außen zu warten. Hatte die Telekom noch 250 Abnehmer gefordert (das entspricht ungefähr der Anzahl aller Haushalte in Bühren), konnte das Bürgernetz mit nur einem Zehntel der Interessenten gestartet werden. Mittlerweile gibt es knapp 70 Abnehmer.
Mit rund 30 Euro seien die monatlichen Kosten zudem auf normalem Niveau, sagen Goeman und Jünemann. Nach kleineren Problemen zu Beginn laufe das Netz nun schnell (2000 Kilobit pro Sekunde), zuverlässig und sicher.
Im Nachhinein bedauere er, seine Zeit mit der Telekom verschwendet zu haben, sagt Goeman. Wer auf dem Land wohne, komme ja schnell ins Hintertreffen gegenüber Gegenden mit schneller Anbindung. Seit es das Bürgernetz gebe, könnten seine beiden Kinder auch nach der Schule Kontakt mit ihren Mitschülern halten, chatten und Internet-Telefonie nutzen.